Freitag, 1. März 2013

Manipulationen beim Silberpreis


In Fachkreisen ist schon lange bekannt, dass sich der Silberpreis nicht wirklich nach Angebot und Nachfrage auf dem "echten" Silbermarkt richtet, sondern dass er von mächtigen und finanzkräftigen Akteuren im Eigeninteresse beeinflusst wird – viele sprechen unverblümt von Manipulationen. Dies gilt natürlich auch für andere Rohstoffe. Kleinere Marktteilnehmer können dem Treiben nur ohnmächtig zusehen.

Einen aktuellen Fall schildert Hannes Huster, Chefredakteur von "Husters Goldanalyse", im Interview mit dem "Rohstoff-Daily" vom 22. Februar 2013 (S. 3):

"In der vergangenen Woche kam Silber deutlich unter Druck. Auffällig war das extrem hohe Volumen an der U.S.-Terminbörse COMEX. Ein Beispiel möchte ich Ihnen nun zeigen. Am Freitag [15. Februar 2013] wurde Silber kontinuierlich in Richtung der 30 U.S.-Dollar-Marke gedrückt. Als diese psychologisch wichtige Marke, an der traditionell viele Trader mit Stopps sitzen, gebrochen wurde, kam es zu einer spannenden Situation.

Doch dann schoss das Handelsvolumen an der COMEX massiv nach oben und innerhalb von nur 5 Minuten (!) wurden 40.000 Silberkontrakte gehandelt. Ein Kontrakt entspricht 5.000 Unzen und somit wurden am Papiermarkt 200 Millionen Unzen Silber innerhalb von 5 Minuten gehandelt! Um dies in Relation zu setzen: Die weltweite Silberproduktion lag in 2011 gerade einmal bei 1.040,6 Millionen Unzen Silber, wobei das von den Minen produzierte Silber nur 761,6 Millionen Unzen ausmachte! Somit ist es mit den Regeln der COMEX möglich, innerhalb von 5 Minuten 26,26 Prozent der weltweiten Minenförderung zu handeln. Dass hier etwas nicht mit rechten Dingen zugeht, sollte alleine anhand des Volumens jedem klar sein. Es sind die Commercials, die hier Druck machen mit dem einzigen Ziel, ihre riesige Shortposition im Gegenwert von zuletzt mehr als 7 Milliarden U.S.-Dollar zu schließen!"

Denn Gewinne erzielen sie mit ihren Shortpositionen (Verkaufspositionen) bei fallenden Preisen. Und wenn sie die Preise durch ihre eigenen Aktivitäten fallen lassen können, sind es de facto durch legale Manipulationen erzielte Gewinne. Diesen stehen freilich Verluste einer Gegenseite gegenüber, die vermutlich "not amused" ist.

Normale Anleger mögen vielleicht denken und aus Lehrbüchern in Erinnerung haben, dass sich der Preis für Silber auf dem Markt für physisches, also "reales" Silber bildet. Dies ist jedoch ganz offensichtlich nicht der Fall, wie das obige Beispiel andeutet.

Im Edelmetall-Buch habe ich mich mit der Frage beschäftigt, welchen Anteil der Terminhandel am gesamten Silberhandel hat, um herauszufinden, ob er denn tatsächlich einen spürbaren Einfluss auf den Preis haben kann. Das Ergebnis ist erschreckend:

"Die Chicago Mercantile Exchange (CME Group) als COMEX-Eigentümerin gab auf ihrer Website das Volumen der gehandelten COMEX-Silber-Terminkontrakte für das Jahr 2010 mit 12.826.666 an. Im Jahr 2011 waren es sogar 19.608.557 Kontrakte. Mit den knapp 19,6 Millionen Silberkontrakten im Jahr 2011 wurde allein an der COMEX – andere Börsen kommen also noch hinzu – eine Menge von über drei Millionen Tonnen Silber virtuell bewegt (19.608.557 Kontrakte zu je 5.000 Unzen = 98.042.785.000 Unzen oder umgerechnet 3.049.471 Tonnen). Das ist ungefähr das 94-fache der 2011 weltweit an physischem Silber angebotenen Menge, welche sich auf 32.366 Tonnen belief.

Virtuell gehandeltes Silber (Terminkontrakte, zumeist Leerverkäufe) macht demnach ein Vielfaches des physisch gehandelten Silbers aus. Der Silberpreis wird also wesentlich durch das Handelsvolumen auf dem Terminmarkt beeinflusst, bei dem es jedoch größtenteils nur um die Spekulation auf steigende oder fallende Preise geht und nicht um den Verkauf oder Erwerb echten Silbers" (S. 155).

So stellt sich die Frage, wo wohl der Silberpreis stünde, wenn es dieses gewaltige Schein-Angebot nicht gäbe, welches lediglich aus Leerverkäufen auf dem Terminmarkt besteht.

Hinzu kommt, dass die Börsenbetreiber ihrerseits mit Margenanforderungen (Pflichteinlagen "Initial Margin" und "Maintenance Margin") Handelsvolumen und Preis beeinflussen können und dies scheinbar auch tun. Diesen Aspekt habe ich im Edelmetall-Buch (S. 151 ff) ausführlicher unter die Lupe genommen.

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